Tagelang lag ich in dem kleinen Krankenhauszimmer und langweilte mich. Ständig bekam ich Besuch, doch alle bemitleideten mich nur und das nervte. Zwischendurch kamen dann immer die Krankenschwestern, um mir Medikamente einzuflößen, mir Essen oder Trinken zu bringen. Ich wollte einfach nur nach Hause. Nach zwei Wochen war es endlich so weit. Meine Sachen waren gepackt und ich wartete nur noch auf die Zustimmung des Oberarztes. Doch dieser hatte eine dringende OP und ich musste warten. Gegen Nachmittag kam er dann eilig in mein Zimmer gestürmt, schaute sich meine Ergebnisse an und unterschrieb die „Freilassung“. Meine Eltern kamen mit Blumen, um mich abzuholen. Ich „durfte“ jetzt erst einmal ein paar Tage nicht in die Schule gehen und die Langeweile holte mich wieder ein. Irgendwann hielt ich es nicht mehr im Bett aus und meine Mutter erlaubte mir, im Haus umher oder in den Garten gehen. Eines Abends klingelte es und ich öffnete die Tür. Vor mir stand Tim.
„Ach du bist wieder auf den Beinen?“ fragte er.
„Ähm… ja. Ich habe es im Bett nicht mehr ausgehalten!“
„Versteh ich. Brauchst du vielleicht ein wenig frische Luft? Wir könnten ein wenig raus gehen. Du wirst dich auch nicht überanstrengen!“ Er zwinkerte mir zu.
Ich drehte mich um und sah in das Gesicht meiner Mutter, die alles mitbekommen hatte. Ich schaute sie mit meinem Hundeblick an.
„Aber nur weil es Tim ist und ich ja weiß, dass er sich um dich kümmern kann.“ sagte sie tadelnd.
Ich nahm meine Jacke und hüpfte nach draußen. Es war schon ziemlich dunkel, doch man konnte noch alles sehen.
Wir gingen in den Park. Er war wie ausgestorben. Um diese Zeit liefen hier nicht viele Leute herum. Wir gingen ein wenig nebeneinander her, keiner von uns sagte etwas. Irgendwann fragte ich:
„Du.. ich hab gehört, dass du den Krankenwagen gerufen hast. Was war denn vorher?“
„Du erinnerst dich an gar nichts?“
„Nein nicht wirklich. Ich weiß nur, dass ich bei dir war wegen dem Referat. Ab dann hab ich ein Blackout.“
„Ohh… na toll.“
„Wieso?“ ich war verdutzt.
„Es war nicht leicht, dir das alles zu beichten.“
„Was beichten? Ich verstehe nicht! Was ist genau an dem Tag passiert? Sag es mir!“
„Naja.“ Er blieb stehen und ich stoppte ebenfalls. Wir standen jetzt auf einem kleinen Platz, umzingelt von Bäumen und Blätter flogen um uns herum. Das war die romantische Stelle, von der ich mir gewünscht hatte, hier einmal verliebt zu stehen.
„Erst bin ich näher gekommen und du ausgewichen und rückwärts gegen die Wand gelaufen! Ungefähr so…“ Er kam mir näher und ich wich zurück, wie er sagte. Nach ein paar Schritten spürte ich etwas in meinem Rücken. Es war ein Baum.
„Dann…habe ich dir gestanden, dass ich schon seit ich dich das erste Mal am Flughafen sah, in dich verliebt bin.“
Mir stockte der Atem.
„Und dann…“ Er kam mit seinem Gesicht nun immer näher an mein Gesicht und schaute mir tief in die Augen. Seine funkelten wie Smaragde. „…habe ich das getan…“ Und nun küsste er mich. So zärtlich, wie mich noch nie ein Junge geküsste hatte…
Ich wußte nicht, wie lange wir dort standen, aber ich hatte das Gefühl, dass es schon wieder hell wurde.
……….
Ich wurde von einem hellen Licht geweckt. Ich öffnete langsam die Augen und schaute auf den Wecker. Es war 6:30 Uhr. Normalerweise weckte mich mein Wecker um 7:00 Uhr. Ich stand auf und zog mich hastig an. Dann ging ich runter in die Küche. Alles war leer. Meine Eltern schliefen noch. Mein Bruder natürlich auch. Also fing ich an, den Tisch zu decken und Frühstück zu machen. Um 7.00 Uhr kamen dann auch meine Eltern die Treppe herunter.
„Nanu. Du bist schon wach?“ fragte meine Mutter überrascht.
„Ja ich weiß auch nicht. Ich bin halt wach geworden…“ antwortete ich.
Wir setzten uns an den Tisch und fingen an zu essen.
„Holt Tim dich heute wieder ab?“ fragte mein Vater.
„Ja natürlich!“ grinste ich.
„Ja natürlich.“ wiederholte er mich ironisch.
Um 7.30 Uhr klingelte es. Ich sprang auf und rannte grinsend in den Flur. Ich zog hastig die Schuhe an und warf mir meine Jacke und meine Tasche über. Dann öffnete ich die Tür. Vor mir stand, von einem zum anderen Ohr grinsend und mit leuchtenden grünen Augen, mein Freund. Das hörte sich immer noch gut an. Ich schloss die Tür hinter mir und ließ mich erst einmal von ihm in den Arm nehmen. Dann gingen wir schnell die Auffahrt runter und um die Ecke, denn ich wusste genau, dass meine Eltern uns beobachten. Als wir um die Ecke verschwunden waren, nahm mich Tim fest in den Arm und küsste mich.
„Ach das habe ich vermisst.“ sagte ich träumerisch.
„Wir haben uns gestern noch gesehen.“ sagte er stirnrunzelnd.
„Ich weiß.“ grinste ich.
„Heute haben wir was zu feiern.“ sagte er fröhlich.
Ich sah ihn fragend an. „Was denn? Hab ich was verpasst?“
„Anscheinend.“ sagte er leicht beleidigt. „Wir sind heute genau 2 Monate zusammen.“
„Ohhhhhhh…. Wie konnte ich das vergessen!“ Ich schlug mir mit der Hand auf die Stirn.
Er lächelte und küsste mich genau auf die eben geschlagene Stelle.